Teil der Globensammlung der »Herzogin Anna-Amalia Bibliothek«

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  • 17. September, 2021 — Historisches Reise-Schreibpult aus Eichenholz - Neu in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

    »Als Handgepäck dürfen nur kleine, leicht tragbare Gegenstände, die die Mitreisenden nicht belästigen« mitgeführt werden, heißt es im Band 13 von Brockhaus’ Konversations-Lexikon aus dem Jahr 1903 unter dem Stichwort »Reisegepäck« über das Reisen mit der Eisenbahn.

    Genau ein solches Reise-Schreibpult oder einen Reise-Sekretär konnte die Herzogin Anna Amalia Bibliothek auf der 77. Auktion des Auktionshauses Zisska & Lacher im Juli 2021 erwerben. Das Schreibpult stammt vermutlich aus der Zeit um 1870. Es ist aus Eichenholz gefertigt und mit einem Furnier aus Nussbaum, Ahorn und Obsthölzern sowie mit Messingeinlagen versehen. In geschlossenem Zustand ist das Reise-Schreibpult so groß wie eine Aktentasche. Die Schreibplatte, die durch das Öffnen entsteht, ist angeschrägt und mit Leder bezogen. Die Platte kann an beiden Seiten angehoben werden und gibt zwei größere Geheimfächer frei. Ebenfalls vorhanden sind kleinere Fächer, in denen sich noch zwei gläserne Tintenfässer befinden.

    Solche Schreibpulte sind keineswegs selten und werden in beträchtlicher Zahl auf dem antiquarischen Markt angeboten. Das spricht für die große Verbreitung, die diese Reise-Sekretäre gerade im 19. Jahrhundert hatten. Schon 1820 ist in Krünitz› Ökonomischer Enzyklopädie nachzulesen: »Eine der nothwendigsten Reisegeräthe für den der Platz und Gelegenheit dazu hat, ist die Reiseschatoulle. Sie dient, die Kostbarkeiten, Ringe, Gelder, Wechsel ec. zu verwahren. Papier, Tinte, Feder, Siegellack, Visitenkarten ec. finden darin ihren Platz. […] Herr Blades zu London, Picadilly 177 hat eine neue Reiseschatoulle erfunden, Travelling-writing-desk, die sehr bequem eingerichtet ist, und eine Menge nützliche und nöthige Dinge enthält, und 6 Guinee kostet.«

    Einige Objekt-Beschreibungen antiquarischer Schreibpulte belegen, dass dieses Handgepäck auch auf Feldzügen zum Einsatz kam oder weite Reisen hinter sich hatte, wie z.B. das im Museumsdorf Cloppenburg aufbewahrte Schreibpult eines Kapitäns aus der Wesermarsch, dessen Hölzer auf eine Herkunft aus Indien schließen lassen. Doch auch für das Krankenlager war ein solches Reise-Schreibpult von großem Nutzen. Das Beethoven-Haus in Bonn zeigt auf seiner Website einen Reise-Sekretär, der direkt neben Beethovens Krankenlager stand und auf dem der Komponist sein Testament verfasst hat.

    Welche Geschichte sich hinter dem neu erworbenen Reise-Schreibpult verbirgt, ist leider nicht bekannt. Aber es erzählt doch etwas von der Geschichte des Reisens. Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek widmet dem Thema Reisen im nächsten Jahr eine Ausstellung im Studienzentrum. Neben vielen anderen spannenden Objekten, wie z. B. verschiedenen Reise-Bibliotheken, wird dann auch das jüngst erworbene Reise-Schreibpult zu sehen sein.

    Claudia Streim Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

  • 29. August, 2021 — Ein Freundschaftsalbum über eine ganz besondere Hochzeitsreise im Jahre 1857. Neuerwerbung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar

    Zur Erinnerung an unsere Hochzeitsreise, als Zeichen, daß wir deiner gedachten, nimm dies Büchlein, als ein Pfand unserer innigsten Liebe.
    den 24. Dezember 1857 Auguste Kochhann, geb. Hoffmeister

    Diese Zeilen finden sich auf der ersten Seite eines kleinen Buches, dass die Herzogin Anna Amalia Bibliothek auf der diesjährigen Stuttgarter Antiquariatsmesse erworben hat. Das Buch im roten Halblederband mit reicher Gold- und Blindprägung und dreiseitigem Goldschnitt ist gerade einmal 10cm x 16,5 cm groß. Es hat die Form eines Freundschaftsalbums und war offenbar auch als solches gedacht. Der Widmung nach zu schließen, haben es die frisch Vermählten auf ihrer Hochzeitsreise für einen Freund gefüllt »als Zeichen, daß wir deiner gedachten«. Wer dieser jemand gewesen ist, darüber gibt das Buch leider keine Auskunft. Das Geschenk wurde offenbar zu Weihnachten 1857 überreicht.

    Johanne Auguste Hoffmeister war gerade 21 Jahre, als sie den 27-jährigen Kaufmann Emil Heinrich Kochhann in Berlin heiratete. Sie stammte ursprünglich aus der wendischen Lausitz. Kochhanns Familie war 1732 nach Berlin gekommen, wo sie zunächst als Bäcker arbeitete und sich zunehmend auch in der Kommunalpolitik engagierte. Kochhahn selbst war Mitglied des Reichstages und später ehrenamtlicher Berliner Stadtrat.

    Das Besondere an diesem Freundschaftsalbum ist, dass Auguste und Emil Heinrich Kochhahn es nicht nur mit Gedichten und Texten von Schiller, Eichendorff, Lenau, Schilling, Hoffmann von Fallersleben und anderen Dichtern füllten. Zwischen diesen Seiten finden sich auch Blüten, Moose, Farne und Blätter von den Orten, die sie auf ihrer Reise besuchten. Dank kleiner Notizen am Rand kann man noch heute nachvollziehen, wann und wo sie die Pflanzen gepflückt haben.

    Die Reise ging über die Schweiz nach Italien. Die erste Station führte in den Schwarzwald. Auf der »Fahrt durch das Höllenthal« sammelten sie die ersten Pflanzen und klebten sie in ihr Buch. Weiter ging es zum »Rheinfall bei Schaffhausen« und von dort nach Zürich. Den Farnen vom Vierwaldstättersee folgt ein Auszug aus der ersten Szene des ersten Aktes von Schillers Wilhelm Tell, der am »Hohe[n] Felsenufer des Vierwaldstättensees« beginnt. Zitiert ist das Lied des Fischerknaben: »Es lächelt der See, er ladet zum Bade, / Der Knabe schlief ein am grünen Gestade, / Da hört er ein Klingen, / Wie Flöten so süß, / Wie Stimmen der Engel / Im Paradies […]«. Daneben steht das Lied des Hirten und zwei Blatt weiter das Lied des Alpenjägers.

    Ein Blumenzweig aus Interlaken, Moos und Blätterstengel mit kleinen Blüten aus Vevey und Montreaux sowie Pflanzen aus Lausanne, gepflückt »an einem herrlichen Sonntagmorgen«, geben einen Einblick von ihrer weiteren Reise durch die Schweiz. Dem Ausflug zum Schloss Hauteville bei Vevey »gepflückt an einem schönen Abende« wird eine eigene Seite gewidmet mit einer wunderschönen großen Blüte und einem zierlich verästelten Blatt.

    Von der Schweiz aus kommen Auguste und Emil Heinrich Kochhann nach Italien. Der »Eintritt in Italien« wird mit einem Blumenzweig dokumentiert. An die Reise von Domodossola zum Lago Maggiore erinnert ein Kleeblatt und ein Farn: »Zur Erinnerung an das schöne Thal von Domo Dossola als wir im Vollmondschein an den Lago maggiore [!] kamen.« Diesem Eintrag folgt das berühmte Gedicht Mondnacht von Eichendorff: »Es war, als hätt‹ der Himmel / Die Erde still geküßt, / Daß sie im Blüthenschimmer / Von ihm nun träumen müßt.« Am Lago Maggiore besuchen sie auch die Isola Bella, von wo sie einen Zweig mitnehmen, und kommen schließlich an den Comer See, wo sie »in seinen herrlichen Villen« einen Farn pflücken. Das ist der letzte Eintrag in diesem ganz besonderen Hochzeitsreisetagebuch.

    Der Link zum Digitalisat: https://haab-digital.klassik-stiftung.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:gbv:32-1-10034568487

    Claudia Streim Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

  • 13. August, 2021 — Verliebt in Anna Amalia - Junge Europäische Sommerschule 2021

    Die Junge Europäische Sommerschule gibt es seit 2007. Sie bietet 16- bis 18-jährigen Schülerinnen und Schülern aus Deutschland und von deutschen Schulen im europäischen Ausland die Möglichkeit, in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zu ausgewählten Themen zu arbeiten. Die Gesellschaft der Anna Amalia Bibliothek (GAAB) fördert das Projekt von Anfang an. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diesjährigen Sommerschule haben der GAAB ihre Erlebnisse geschildert.

    Julian Max Schmiedel, 16 Jahre, 11. Klasse, Domgymnasium Merseburg, Sachsen-Anhalt:

    »Wie mich die Junge Europäische Sommerschule geprägt hat. Im Zeitraum vom 11. bis 24.07.2021 trafen insgesamt vierzehn Schüler:innen aus drei europäischen Ländern – Rumänien, Griechenland und Deutschland – zusammen, um sich … intensiv mit den großen Dichtern Weimars, insbesondere Johann Wolfgang von Goethe und dessen Werk »Faust 1«, auseinanderzusetzen. Nicht zu ahnen war, dass dieses Seminar mehr Erfahrungen barg, als es zu haben schien. Dreizehn Tage – Fremde Menschen – eine neue Umgebung – ein fremder Schlafplatz; es klingt fast schon wie der Anfang eines Studentenfilms und ich kann Ihnen versprechen, so ähnlich können Sie sich unsere Arbeit in Weimar auch vorstellen. Zusammen mit unseren hervorragenden Seminarleitern, dem Literatur- und Kulturhistoriker Dr. Paul Kahl und der mehrsprachig ausgebildeten Maria Safenreiter, entdeckten wir den Geist von Weimar auf eine besondere Art und Weise. Wir lernten die einzelnen Kulturstätten, wie zum Beispiel den Ort unserer Unterbringung, das friedliche und ruhige Wielandgut Oßmannstedt, die historische Herzogin Anna Amalia Bibliothek, das Goethe-Nationalmuseum sowie das Wohnhaus Goethes und Schillers kennen und erfreuten uns an fast allen Veranstaltungspunkten außerordentlich. Doch sollte man sich das Seminar keinesfalls nur theoretisch vorstellen, denn auch wenn Museen einen Teil dieser Sommerschule darstellten, traten wir wortwörtlich in die Fußstapfen des literarischen Viergestirns der Weimarer Klassik: Spaziergänge in Wielands Garten, durch den riesigen Park in Weimar, von Weimar über Tiefurt nach Oßmannstedt und Besichtigungen ausschließlich zu Fuß. Die Lesung der im modernen deutschsprachigen Raum bekannten Daniela Danz, die uns ihre Werke sowie ihr Leben brisant nah brachte und einen denkwürdigen Eindruck hinterlassen hat, und der kritische Besuch der Gedenkstätte Buchenwald, der uns die geschichtliche Wichtigkeit und die Auswirkungen auf das Bild der Literatur der Weimarer Klassik näher brachte, waren zwei weitere prägende Veranstaltungspunkte dieses Seminars, auf die ich persönlich noch lange zurückblicken werde.
    Selbstverständlich könnte ich Ihnen weiterhin die Eckpunkte des Programms und die konkrete Veranstaltungen vorhalten, doch waren es nicht diese, die das Seminar so einzigartig und besonders gemacht haben, sondern die anderen Teilnehmer aus aller Welt, die Ehre im Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek arbeiten zu dürfen, die Gespräche bis in die Nacht hinein, das zugegeben unerlaubte gelegentliche Tanzen unterm Sternenhimmel um Mitternacht, die morgendlichen Spaziergänge und die wirklich besten Lektüre-Seminare, denen ich jemals beiwohnen durfte.
    Mein ganz persönlicher Höhepunkt war die Arbeit im Studienzentrum. Für dreizehn Tage durften wir dort Studenten spielen, wir haben uns selbst organisiert, durften uns beliebig Bücher ausleihen und lesen. Wir hatten einen Saal, der nur für unsere Arbeit zu Faust gedacht war. Die Bibliothek ist einer der eindrucksvollsten Orte, die ich je besuchen durfte: eine Wucht an Intellekt und Wissen – aufgereiht in Bücherregalen, die über mehrere Etagen reichten; gestaut in modernen und stilvollen Betonwänden. Ein weiterer Grund, warum mir die Arbeit dort so gefallen hat, ist, dass man die Möglichkeit bekam, mit den Besuchern im Generellen und den Studenten im Besonderen zu interagieren. Erst jetzt wird mir bewusst, wie tiefgreifend diese Erfahrung war und wie dankbar ich dafür bin, dass sie mir angeboten wurde. Ich habe einzigartige Dinge erlebt, neue Freundschaften geschlossen, viel über Weimar, andere Kulturen und vor allem über mich selbst gelernt und kann jedem dieses Seminar in Zukunft empfehlen, der sich selbst ein Stück näher kennenlernen möchte, für sein Leben vielleicht einzigartige Gefühle erleben möchte und sich für Literatur(-geschichte) interessiert. Danke.«

    Paula Hüller, 17 Jahre, 13. Klasse (Q3) am Ulrich-von-Hutten-Gymnasium, Schlüchtern, Hessen:

    »Mit dem Programm der diesjährigen Sommerschule machte die Klassik Stiftung dem Ruf Weimars als Stadt der »Dichter und Denker« alle Ehre. Den Zugang zur gesamten Bücher-Auswahl der Anna Amalia Bibliothek, Besuche im Goethe-Nationalmuseum und im Schiller-Wohnhaus, eine Lesung mit Daniela Danz und auch die Seminare zu Goethes »Faust« – zwei Wochen lang haben wir uns intensiv mit Sprache, ihrer Vielfältigkeit, Macht und Zeitlosigkeit beschäftigt. Die Anna Amalia Bibliothek war hierbei für mich und sicherlich auch viele andere aus der Gruppe ein absolutes Highlight. Wer gerne liest, fühlt sich zwischen den scheinbar niemals endenden Bücherregalen wie im Paradies, und die Freiheit, mit den Büchern arbeiten und sich frei in der Bibliothek bewegen zu dürfen, hat diesen Effekt nochmals bestätigt. Aber auch die Programmpunkte außerhalb der Bibliothek in und um Weimar herum haben mir persönlich sehr zugesagt, vor allem die Balance zwischen Besuchen in Museen oder Ausstellungen und die selbstständige Auseinandersetzung mit Literatur. Dadurch hat man zum einen den historischen Hintergrund von Goethe und Schiller, aber auch Deutschland allgemein näher kennengelernt, sich aber auch gleichzeitig mit neu gefundenen Freunden mit Goethes Werk »Faust« und Gedichten von Daniela Danz auseinandergesetzt. So konnten wir dann jegliche Eindrücke aus Weimar, den Seminaren oder auch eigenständigen Erkundungen in unsere eigenen »youpedia«-Beiträge einfließen lassen, welche die zwei Wochen für jede:n von uns nochmals ganz individuell zusammengefasst haben. Insgesamt kann ich sagen, dass die Sommerschule die Vielfältigkeit der Sprache in ihrem Programm widergespiegelt hat und uns im wunderschönen Weimar zwei Wochen voller interessanter, abwechslungsreicher und spannender Erfahrungen, sowie die Chance auf das Kennenlernen neuer Freunde geboten hat.«

    Victor Valentin Fodor, 15 Jahre, 10. Klasse, Deutsches Goethe Kolleg, Bukarest, Rumänien:

    »Ich bin der Meinung, dass Menschen die Liebe für das Wissen haben. Ich fühle mich besser, wenn ich etwas Neues lerne und wenn ich mehr weiß. Die Macht und die Qualität einer Person betrachte ich auf dieser Weise. Deshalb war das Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek die schönste Wissensquelle. Die zwei Wochen, die ich in Oßmannstedt und in Weimar mit Hilfe der Jungen Europäischen Sommerschule verbracht hatte, waren die schönsten zwei Wochen dieses Sommers, weil ich neue Menschen kennengelernt habe und mehr über die deutsche Kultur, Literatur und Geschichte erfahren habe, da wir Faust-Seminare hatten und viele Museen, wie das Goethe-Wohnhaus, das Schiller-Wohnhaus, das Franz-Liszt-Haus, das Römische Haus, Goethes Gartenhaus, Buchenwald, das Weimar-Museum, das Bauhaus-Museum, die Weimarer Fürstengruft, die russisch-orthodoxe Kirche in Weimar und das Stammhaus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek besucht haben. Ohne Erlebnis kann man nichts Neues erfahren, so denke ich persönlich. Die praktische Lebenserfahrung soll in guter Beziehung mit dem Lesen sein. Man muss auch etwas Lebendiges sehen und fühlen und nicht nur lesen. Während Schiller nur bis nach Berlin am weitesten reiste, war Goethe auch in Italien, so dass er mehr als ein Buchmensch charakterisiert sein kann. Deswegen waren das Lesen in der Bibliothek, die Besichtigung der Museen und die Seminare im engen Zusammenhang. Als ich das Studienzentrum und die Bibliothek mit Zehntausenden von Büchern sah, war für mich die erste Frage, wie lange würde ich brauchen, um alles zu lesen. So viele Bücher waren faszinierend. Eine andere Frage, die jetzt nicht rhetorisch ist, war diejenige, ob man alles aus den Büchern der Bibliothek erfahren kann. Das haben wir selbstverständlich versucht, indem wir uns für das kreative Projekt vorbereitet haben. Das Thema war Auerbachs Keller, die bekannte Szene aus dem Faust. Obwohl es nur um eine Szene ging, haben wir nicht weniger als 20 Bücher darüber gefunden. Das ist eine Menge für ein winziges Teil der Literatur von Goethe beziehungsweise der ganzen deutschen Literatur. In der Bibliothek gibt es auch fremde Schriftsteller, die übersetzt wurden, Fachbücher, Romane, Magazine, Zeitungen und alte Tagebücher. Alles hat mich erstaunt. Außer der schönen Stadt mit allen Museen und mit der Bibliothek, war das Wielandgut in Oßmannstedt auch ein Grund von Freude und von Stolz. Zwei Wochen im Haus eines Dichters zu wohnen, ist schon besonders. Damit habe ich alles kurz gesagt und beschrieben. Wenn mich aber jemand über meine Erfahrungen in Weimar fragt, dann kann ich auch mehr als zwei Stunden darüber sprechen.«

    Anika Mössner, 16 Jahre, 10. Klasse, Christoph-Jacob-Treu-Gymnasium Lauf, Bayern

    « ›Du gehst nach Weimar, um Faust zu analysieren?!‹ – So ungläubig haben meine Freunde und Mitschüler reagiert, als ich ihnen mitteilte,dass ich die kommenden zwei Wochen in Weimar verbringen würde. Ihrer Meinung nach gingen sie lieber in die Schule, als sich in den letzten Wochen vor den Ferien noch ausgiebig mit Goethe zu beschäftigen. Zwar spielte Goethes Faust eine zentrale Rolle während des Aufenthalts in Weimar, doch lernten die anderen Seminarteilnehmer und ich außerdem viele weitere bekannte Weimarer Persönlichkeiten, z.B. Schiller, Anna Amalia, Carl August und Wieland, sowie geschichtliche Zusammenhänge kennen. Des weiteren hatten wir die Möglichkeit wie Professoren im Studienzentrum der Anna Amalia Bibliothek für unsere Gruppenarbeit zu recherchieren, was für uns alle eine besondere Erfahrung widerspiegelte. Während der Zeit haben wir so viele Sehenswürdigkeiten als Gruppe oder in unserer Freizeit besichtigt, dass jeder seine eigenen persönlichen Favoriten hat. Besonders war aber auf jeden Fall für uns alle der Besuch des KZ Buchenwalds, des Rokokosaals und die Lesung von Daniela Danz. Nicht zu vergessen ist allerdings, dass all das nur halb so viel Spaß gemacht hätte ohne unsere besondere Gruppendynamik. Obwohl wir aus ganz Deutschland, aber auch Griechenland und Rumänien kamen, haben wir uns von Anfang an super verstanden, so dass die ausgelassenen Abendessen in Oßmannstedt zum Höhepunkt des Tages wurden.«

    Lilly Geier, 18 Jahre, Q2, Ulrich-von-Hutten-Gymnasium, Schlüchtern, Hessen:

    »Meine Eindrücke aus Weimar. Habe ich mich ein bisschen in die Stadt Weimar verliebt? – Definitiv ja! Während meiner Zeit in der Jungen Europäischen Sommerschule zum Thema »Die Macht der Sprache« habe ich die Stadt der Dichter und Denker und ihre Persönlichkeiten Stück für Stück näher kennengelernt. Neben den vielen interessanten Museen besticht Weimar vor allem durch seine schöne Altstadt mit vielen kleinen Geschäften, Restaurants und Cafés. Gerne sind wir in unserer Freizeit in diese gegangen oder haben in einem der großen und schönen Parks gepicknickt. Das persönliche Highlight aus meiner Zeit in Weimar war für mich das Arbeiten in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Die eindrucksvolle Größe der Bibliothek hat uns alle überrascht. Noch nie hatte ich so viele Bücher an einem Ort gesehen. Das wir vor ein paar Minuten noch über den Platz der Demokratie gelaufen waren, unter dem wir jetzt in einem Teil der Bibliothek standen, war zusätzlich beeindruckend. Bücher von und über Goethe und Schiller und alle sonst erdenklichen Themenbereiche – wie zum Beispiel Geschichte, Psychologie und Musik – standen uns zum Arbeiten zur Verfügung. Ein bisschen hatten wir das Gefühl, in das Leben als Student in Weimar schnuppern zu können. Eine Erfahrung, die ich jedem nur empfehlen kann!«

    Rieke Macioßek, 17 Jahre, 11. Klasse, Marion-Dönhoff-Gymnasium Nienburg, Niedersachsen:

    »Die Zeit in Weimar war für mich etwas ganz Besonderes und das wird sie, denke ich, auch noch lange Zeit sein. Das gesamte Programm der Jungen Europäischen Sommerschule hat meine Erwartungen mehrfach übertroffen, so dass ich im Nachhinein einfach unglaublich glücklich bin, dass ich ein Teil davon sein durfte. Das Highlight des zweiwöchigen Aufenthaltes war für mich auf jedem Fall die Arbeit in der Anna Amalia Bibliothek. Auf der einen Seite war das so, weil ich zuvor noch nie in so einer beeindruckenden Bibliothek war, und auf der anderen Seite fand ich es sehr spannend, so schon einmal einen Einblick in das Studentenleben zu bekommen. Zusätzlich wurde uns … in der Bibliothek viel Freiraum gelassen, so dass wir vieles selbständig in den Gruppen erarbeitet haben. Das hat mir persönlich auch sehr gefallen. Neben der Arbeit in der Bibliothek fand ich es auch interessant, mehr über Weimar und die Geschichte der Stadt zu erfahren. Egal ob ein informativer Besuch im Goethe-Nationalmuseum oder ein äußerst zum Nachdenken anregender Aufenthalt im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald – ich durfte während der Sommerschule viele verschiedene Facetten von Weimar erkunden. Und auch nach zwei Wochen hatte ich immer noch nicht das Gefühl, dass ich alles von Weimar gesehen habe. Aber ich bin mir sicher, dass ich das in Zukunft noch einmal nachholen werde. Im Grunde genommen konnte ich durch das Programm aber so viel mehr mitnehmen, als nur das Wissen über Weimar und Goethes »Faust«, die Lektüre, die in der Zeit behandelt wurde. Es war auch für mich als Person eine riesige Bereicherung, da ich rückblickend sagen kann, dass ich in manchen Situationen während der Sommerschule über mich selbst hinausgewachsen bin. Dies ist für mich am Ende das größte Geschenk der Reise. Ich kann das Programm also wirklich jedem empfehlen, der einfach einmal aus seiner Komfort-Zone treten möchte und bereit ist, sich auf Weimar und ganz viele neue Erfahrungen einzulassen. Zwar bin ich dankbar für all das neue Wissen, das ich in Weimar dazu gewonnen habe, aber viel mehr zählen für mich die Erfahrungen, die ich dort gesammelt habe, neue Freunde, die ich dort gefunden habe und am Ende einfach die schöne Zeit, die ich dort verbringen durfte. Schlussendlich war die Junge Europäische Sommerschule für mich eine wirkliche Bereicherung fürs Leben und ich kann es nur jedem Schüler empfehlen, dass er diese auch macht.«

    *Alexandra Victoria Chiripuci, 16 Jahre, 11. Klasse, Deutsches Goethe Kolleg, Bukarest:


    »Seit ich in Weimar zum ersten Mal aus dem Zug gestiegen bin, hat mich eine Kulturwelle von ungeahnter Intensität erfasst. Ich spazierte durch Weimar, sowohl allein als auch umgeben von meinen Mitbewohnern, die sofort meine Freunde wurden, und besuchte die meisten Museen in diesem magischen Ort. Die Anna-Amalia-Bibliothek hat mich verblüfft. Sie hat mich einfach umgehauen! In der großen Bibliothek habe ich viele Erfahrungen gemacht, sowohl ernste, wie Seminare, Diskussionen und Informationen über Goethes Faust, als auch lustige, wie das Kichern und die Gespräche mit meinen Freunden. Die ganze Stadt Weimar hat mich tief beeindruckt mit ihrer Kultur, Kunst, den Menschen und dem warmen Gefühl, das sie insgesamt ausstrahlt.«

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  • 23. Juli, 2021 — Schätze der Gartenliteratur, vorgestellt in der Vulpius-Galerie im Stammhaus der HAAB

    Das Grüne Schloss, heute Stammhaus der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, wurde im 16. Jahrhundert als Garten- und Wohnschloss errichtet und war stets von bedeutenden Gartenanlagen umgeben. Die Fenster der Ostfassade bieten heute einen fantastischen Ausblick auf den im 18. Jahrhundert gestalteten Park an der Ilm, einen der frühesten Landschaftsgärten im deutschen Raum. Maßgeblich an seiner Konzeption beteiligt war der Weimarer Großherzog Carl August. Er sorgte auch für einen gezielten Ausbau der Bibliotheksbestände zu Botanik, Naturgeschichte und Gartenkunst. Die reichen Sammlungen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek bilden trotz der Verluste durch den Brand 2004 das gesamte Spektrum der historischen Gartenliteratur ab. Vertreten sind Kräuterbücher der Renaissance, barocke Pflanzen-Kompendien, botanische Fach- und Bestimmungsbücher, Floren ferner Länder und Regionen, Kataloge botanischer Gärten, Werke zur Gartengestaltung und -architektur, zur Verwendung, Kultivierung und Pflege von Pflanzen,aufwändig gestaltete Blumenbücher, Pomologien, Gartenzeitschriften, Gartenpläne, Verkaufskataloge von Handelsgärtnereien u. a. m. Die bedeutendste Erwerbung in jüngerer Zeit war der Ankauf eines Teilbestands der Königlichen Gartenbibliothek Herrenhausen im Jahr 2007. Botanische Werke und Gartenbücher sind oft meisterhaft illustriert. Sie vermögen in besonderer Weise sinnlich zu berühren und gehören zu den attraktivsten Beständen von Bibliotheken.

    In der Vulpius-Galerie, dem kürzlich umgestalteten ehemaligen Sonderlesesaal im Mansard-Geschoss, sind bis bis zum 31. Oktober 2021 ausgewählte Schätze der Gartenliteratur in einer eigenen Veranstaltung zu erleben.
    Im bewährten Tandem führen MitarbeiterInnen der Kulturellen Bildung der Klassik Stiftung und der Herzogin Anna Amalia Bibliothek gemeinsam in das Sammelgebiet ein und stellen am großen Präsentationstisch eine von drei herausragenden Publikationen vor. In den Veranstaltungen werden abwechselnd gezeigt:
    Das kostbare Gartenbuch der polnischen Fürstin Izabela Czartoryska, Myśli Różne o Sposobie Zakładania Ogrodów, das barocke Pflanzenwerk Phytanthoza Iconographia des Regensburger Apothekers Johann Wilhelm Weinmann und die erste wissenschaftliche Flora der indischen Malabarküste, der Hortus Indicus Malabaricus von Hendrik van Reede tot Drakestein. Die Besucherinnen und Besucher erfahren neben Informationen zum Inhalt der Bücher interessante Details zu ihrer materiellen Beschaffenheit: Techniken des Drucks und der Buchillustration, der handwerklichen Fertigung und Gestaltung der Einbände sowie zu Provenienz-Merkmalen der Objekte, den sichtbaren Spuren ihrer Besitz- und Gebrauchsgeschichte. Begleitend zur Veranstaltung zeigt eine Präsentation in sechs den Vitrinen weitere Sammlungsstücke der Bibliothek. Darunter befinden sich der Hortus Belvedereanus, das Pflanzenverzeichnis des Botanischen Gartens in Belvedere, das botanische Meisterwerk Plantae Selectae von Christoph Jacob Trew, die Observations on the theory and practice of landscape gardening des berühmten englischen Landschaftsarchitekten Humphry Repton und die erste deutsche, 1794-98 in Weimar publizierte Gartenzeitschrift Der teutsche Obstgärtner von Johann Volkmar Sickler.

    Eine Vitrine stellt Bücher vor, die sich mit Umweltfaktoren beschäftigen. Sie behandeln die Thüringer Flutkatastrophe von 1613, den schon im 18. Jahrhundert massiven Befall der Fichtenwälder durch den Borkenkäfer und erste systematische Erhebungen von Klimadaten. Im frühen 19. Jahrhundert führten selbst die Bibliothekare der Weimarer Bibliothek meteorologische Messungen durch, worauf die rekonstruierte Windrose über dem Deckenauge des Rokokosaals heute noch hinweist. Zu sehen ist außerdem Christian Konrad Sprengels Grundlagenwerk der Blütenökologie, Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen von 1793, in dem erstmals die Fremdbestäubung von Pflanzen durch Insekten beschrieben wird.

    Die Veranstaltung »Schätze der Gartenliteratur« ist ein Angebot der Bibliothek im Themenjahr »Neue Natur« der Klassik Stiftung.

    Termine bis zum 30. Oktober 2021:

    Mittwoch 14 Uhr, Samstag 10 Uhr, Dauer 45 Minuten, max. 10 Teilnehmer.
    Karten sind an allen Kassen der Klassik Stiftung sowie online erhältlich: https://tickets.klassik-stiftung.de/#/product/event/5599
    Samstags findet im Anschluss an die Veranstaltung eine thematische Parkführung statt, die separat zu buchen ist.

    Katja Lorenz Referatsleiterin Sondersammlungen der HAAB

  • 28. Juni, 2021 — Den Wald übersetzen. Herzogin Anna Amalia und der Wald der Zukunft. Fragen an den Forstwissenschaftler Ingolf Profft

    • Ingolf Profft (links) bei einer Führung im Thüringer Wald

    Der Wald der Zukunft war Thema eines Gesprächs, das Annette Seemann im Mai 2021 im Bücherkubus der HAAB mit dem Revierförster Wolfgang Grade führte. (siehe Link unter Vorträge, Lesungen & Konzerte). Ein Modellprojekt zum Waldumbau in Thüringen hat der Forstwissenschaftler Ingolf Profft (IP) vom Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha des ThüringenForst maßgeblich mitentwickelt. Im Interview mit Annette Seemann (AS) berichtet er über Details.

    AS Sie schreiben von dem Modellprojekt zum Waldumbau in Thüringen. Wann hat das Projekt begonnen und wie lange wird es fortgesetzt?

    IP Das Projekt läuft seit 2013 und ist erst einmal bis 2022 terminiert. Wenn auch in modifizierter Form, so soll es auch darüber hinaus fortgeführt werden, da vieles erst initiiert werden konnte und nun eigentlich erst richtig bearbeitet werden kann.

    AS Wie wird das Ganze dokumentiert?

    IP Derzeit erarbeiten für einen Broschüre für die breite Öffentlichkeit. Intern werden die verschiedenen Arbeiten und Versuche sachkundig gesichert und dokumentiert. Mit entsprechenden Wiederholungsaufnahmen erfolgt die langfristige Begleitung.

    AS Welche Baumarten stellt man sich in dem skizzierten Bergmischwald vor und warum genau diese?

    IP Derzeit gehen wir unter Berücksichtigung des Klimawandels davon aus, dass eine Mischung aus Buche, Weißtanne, Fichte mit einer Vielzahl an Mischbaumarten, wie Eberesche, Bergahorn, Bergulme, aber auch Weide, Birke und Lärche das Bild des Thüringer Waldes der Zukunft prägen wird. In den etwas tieferen Lagen kommen Spitzahorn und Eichen dazu, hier und dort auch Douglasie. Diese Baumarten sind – je nach konkreter Region (Höhenlage mit dem entsprechenden Klima) – die sichere Variante. Wir wissen viel über sie und ihre ökologischen Ansprüche. Sie sind alle heimisch und kamen zu früheren Zeiten (z. B. auch Warmphasen) in der Region vor. Insbesondere über die Pollenanalysen aus dem Mooren des Thüringer Waldes wissen wir relativ gut, welche Baumarten unsere Wälder vor vielen 100 Jahren geprägt haben. Sollte es uns jedoch nicht gelingen, die Klimaveränderungen bei 2-3°C einzugrenzen, wird es selbst für den Thüringer Wald schwer, Baumarten zu definieren, die einen solchen Veränderungsprozess noch schaffen.

    AS Heißt Modellprojekt, dass es für Thüringen modellhaft ist oder für die ganze BRD?

    IP Das Projekt soll beispielgebend für Thüringen sein, aber kann mit Modifikationen entsprechend der konkreten Bedingungen (Boden und Klima) auch für andere Mittelgebirge, wie z.B. das Erzgebirge, als Anregung dienen.

    AS Was passiert denn eigentlich mit dem vielen Schadholz. Kann man es weiter nutzen?

    IP Teilweise kann das derzeitige Schadholz noch verwendet werden, da z.B. der Borkenkäfer das Innere des Holzes nicht beschädigt.

    AS Was kann jeder von uns beitragen, um den Wald gesund zu halten?

    IP Beim Klimawandel reden wir wirklich über ein Problem, das wir mit einfachen Pflanzaktionen und Müllsammelaktionen nicht in den Griff bekommen. Wir müssen erkennen, dass wir unsere Umwelt und damit unsere Lebensgrundlagen nachhaltig zerstören, wenn wir nicht drastisch unseren Energieverbrauch und unser Konsumverhalten ändern – in allen Bereichen, im privaten Umfeld und auch im beruflichen. Das heißt auch unsere Anstrengungen zum Waldumbau und die Arbeit zum Aufbau gesunder Wälder ist nur dann erfolgreich, wenn wir alles unternehmen, dass die Klimaerwärmung gebremst wird. Daher:

    • Mehrweg, mehr reparieren, mehr wiederverwenden, mehr Fahrrad, mehr regional, mehr Verzicht
    • weniger Auto, weniger Flüge, weniger kaufen (billig heißt oft mehrfach kaufen)

    Wer mehr dazu erfahren möchte, kann sich gern an die regionalen Thüringer Forstämter wenden (Adressen sind zu finden unter www.thueringenforst.de). Diese bieten oftmals Waldführungen für die Öffentlichkeit an. Auch das Kompetenzzentrum in Gotha organisiert Pflanzaktionen und Waldführungen, verstärkt im Bereich des Modellprojektes »Waldumbau« im Thüringer Wald (Kontakt: ffk-gotha@forst.thueringen.de).

    Autor: Ingolf Profft Forstliches Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha des Thüringen Forst Fragen: Annette Seemann